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Ich gebe zu: Ich kaufe Bio.
Nicht immer, nicht alles. Manchmal reicht die Zeit nicht, und ich renne nur schnell in den Discounter um die Ecke. Bei Pasta habe ich noch keine gefunden, die an meine Lieblingspasta aus konventioneller Produktion heranreicht. Im Zweifel kaufe ich lieber gespritzte Äpfel aus Brandenburg statt argentinischer Bio-Äpfel. Das ist dann nämlich, finde ich, mehr öko. Logisch, oder?
Mein Bio-Konsum zerstört (die Stammleser wissen es) Beziehungen. Selbst jetzt, wo ich keine Bio-Lebensmittelabokiste mehr beziehe, weil da doch immer argentinische Äpfel drin waren, ist das noch so. Denn viele Menschen in meinem Umfeld stehen Bio sehr skeptisch gegenüber.
“Bio ist nicht gleich Öko.” Stimmt. Siehe argentinische Äpfel. Aber regionales Bio ist super-öko. Ich versuche bewusst zu kaufen. Siehe argentinische Äpfel.
“Bewusst Bio kaufen ist mir zu aufwändig.” Ich habe Spaß am bewussten einkaufen. Vielleicht nicht zehn Minuten vor Ladenschluss nach einem stressigen Arbeitstag, aber wenn ich Zeit habe oder mir die Zeit nehme. Genießen kann beim Einkaufen anfangen.
“Bio ist so teuer. Kann ich mir nicht leisten.” Nun ja. Regionales Bio-Gemüse und -Obst ist nicht viel teurer als konventionelles Zeug (Das letztens Biobananen billiger waren als herkömmliche, keine Ahnung, was da los war, aber so war’s).
Wer günstig Bio will, muss a) selbst kochen und b) wenn’s dumm läuft den kompletten Winter über Kartoffeln, Rüben und Kohl fressen. Letzteres ist nicht so der Hit, zugegeben. Zu Ersterem: Selbst kochen hat wieder was mit bewusster Ernährung und Zeit für die Nahrungsaufnahme zu tun. Das hat nicht viel Ähnlichkeit mit schnellem und scheinbar bequemem Konsum. Verstehe ich. Einmal im Monat brauche ich auch meinen McDonalds-Besuch. Und das ernährungsphysiologisch wertlose Billigcroissant morgens in der U-Bahn liebe ich auch. Aber nur so schlampig den Magen stopfen? Dazu esse ich zu gern. Und ja, ich leiste mir Bio. Dafür habe ich kein Auto und schnorre meine Kippen. Jeder muss wissen, für was sie oder er sein Geld ausgibt.
Soweit lässt sich sinnvoll diskutieren. Aber: Viele Menschen halten Bio leider für eine Glaubensfrage. Das mag irgendwo stimmen. Aber einige machen dann gleich so persönliche Geschichten daraus. So wie es Menschen gibt, die tief beleidigt sind, wenn Dir ihr Lieblingsfilm nicht gefällt, gibt es Menschen die Dich für bescheuert erklären, weil Du Bio kaufst. Das belastet Freundschaften. Lieblingpseudoargument dieser Menschen:
“Bio ist doch Etikettenschwindel. Das Zeug ist doch genauso giftig wie die konventionellen Sachen.”
Dieses Argument, liebe Bio-Gegner ist schlicht unlogisch und dumm. Ich glaube auch nicht, dass alle Bio-Produkte wirklich Bio sind. So ein Siegel ist schneller erworben als verloren, Nachkontrollen sind selten konsequent und Kontrolleure sind bestechlich. Alles zugegeben. Nur: Genauso wie nicht alles gut ist auf dieser Welt, ist eben auch nicht alles schlecht. Es wird auch Produzenten geben, die die auf ihrem Zeug angegebenen Siegel zurecht haben. Vor allem, wenn es nicht nur das lasche EU-Bio-Siegel ist, sondern von ideologisch strengeren Verbänden. Unabhängig davon gilt: Konventionelles Essen ist nie Bio, als Bio deklariertes Essen kann Bio sein. Wer argumentiert wie oben, also grundsätzlich der Meinung ist, dass konventionelles Essen irgendwie giftig ist, der hat rein logisch und nach Maßgabe der Wahrscheinlichkeit zumindest die Chance, mit Bio-Zeug gesünder zu leben.
Das ist banal, aber ich musste es mal loswerden.
Unabhängig davon, was jetzt gesünder ist oder ob das alles nur ein Trick der sich selbst verarschenden Psyche des Gutmenschen darstellt: Zumindest für Obst und Gemüse (und da insbesondere für Tomaten und Karotten) behaupte ich felsenfest: Bio schmeckt nach mehr.
(Und: Außerhalb von Bio-Supermärkten bekommt mensch zumindest in der kulinarischen Wüste Berlin auch nicht so geilen Stoff wie frische Rote Beete oder Postelein. Selbst Mangold ist oft schon schwierig im normalen Laden. Oder fünf verschiedene Kartoffelsorten, blaue zum Beispiel)
(Dieser Post war schon entworfen, bevor ich anfing, Peter Unfrieds tolles Buch “Öko” zu lesen. Das ändert nichts daran, dass ich es sehr empfehlenswert finde (aber dennoch keinen Bock habe, hier auf irgendeinen Online-Shop zu verlinken, weil ich davon jetzt gerade keinen empfehlen will.)